DE – Bernhard Herbote (Junior), Beckum (1934 – 2013)

    Mehrmals in der Woche war Deine Stimme auf meinem Anrufbeantworter. Du meldetest Dich immer mit „Hallo, hier ist Papa“. Deine Nummer steht nie mehr auf dem Display meines Telefons. Ich hoffe, Deine Stimme bleibt in der Erinnerung.

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    In Memoriam

    Bernhard Herbote
    *29th of September, 1934
    +24th of May, 2013

    Papa

    Du bist einfach so gegangen,
    einfach so, ohne Worte,
    eingeschlafen, unerwartet,
    dabei warst Du gerad erst aufgewacht
    und wolltest frühstücken.

    Am Abend vorher haben wir noch telefoniert
    und ich hatte den Eindruck es ginge Dir etwas besser.
    Es war auch so, wie Maria sagte,
    Ihr hattet noch einen angenehmen Abend
    und Du wirktest gelöst.

    Nie hätte ich gedacht,
    dass ich kurz darauf diese Zeilen schreibe.
    Du wolltest Samstag das Spiel
    Dortmund gegen Bayern gucken.

    Die grad begonnene Chemo hat Dir den Rest gegeben.
    Du hast es gewußt, leise gekämpft, tapfer und geduldig.
    Der Saft des Lebens wurde bitter nach vielen Jahren voller Sorgen.
    Deine Adern konnten das Blut nicht mehr halten.

    Der Notarzt ließ Dich noch nach Hamm ins Krankenhaus bringen,
    dabei hätte man Dich auch zu Hause lassen können.
    Du warst doch schon am schlafen.
    Oma und Opa, gewiss auch Gisela, waren schon im Zimmer,
    um Dich auf den Weg in die Ewigkeit abzuholen.

    Aber egal jetzt, der Arzt hat es nicht wissen können,
    und der Weg von Hamm zum Himmel
    ist auch nicht weiter als von hier.

    Wir alle wissen, es wird Dir gut gehen,
    dort, wohin die Engel Dich nun begleiten.
    Du hast keine Angst mehr, keine Sorgen, keine Schmerzen,
    kommst als Erinnerung und Gedanke zu uns zurück.

    Als Kind warst Du der schnellste Läufer der Schule,
    hattest deshalb den Spitznamen „Bunny“.
    Schwimmen hast Du im Rhein gelernt und
    Dein erstes Auto war ein VW Käfer.
    Der Berufswunsch Fußballspieler hat nicht geklappt,
    bist zunächst in die Fußstapfen von Opa getreten,
    hast Schreiner gelernt und nach vielen Jahren Erfahrung
    große Möbelfirmen geleitet und beraten.
    Du hast in Deinem Leben viel mit Liebe gearbeitet und viel geschafft.

    Dein Papa, mein Opa, war im Krieg, kam aber heil zurück.
    Deinen Kleinkrieg führtest Du gegen Porree, Zwiebeln und Knoblauch,
    als Kind gegen Lebertran, dessen Geschmack Du niemals vergessen hast.

    Der zweite Kriegsschauplatz war das Erkennen und das schwere Akzeptieren
    einer kaum zu verstehenden und schmerzenden Erkrankung
    eines geliebten Menschen,
    gefolgt von Enttäuschungen einiger sogenannter Freunde.
    Wer hätte das überhaupt so lange ausgehalten, ohne Verständnis für eben dieses
    schwierige Verstehen haben zu können? Vielen, die Dich in die Einsamkeit gedrängt
    haben, hast Du verziehen. Wie groß muss man sein, um das tun zu können?!
    Du wußtest, dass vergeben bedeutet, nicht länger auf eine bessere Vergangenheit zu hoffen.

    In unseren Herzen warst Du immer ein fester Platz,
    selbst wenn Du rumgenörgelt oder Streß gemacht hast.
    Du warst immer da, wenn wir Dich gebraucht haben.

    Was hast Du Dich gefreut,
    als Deine Enkelkinder geboren wurden!
    Erst Mila, dann Lynn.
    Wie glücklich warst Du, sie bei jedem Besuch wieder hast wachsen gesehen.
    Wie froh warst Du, Deine „Brut“ um Dich zu haben.
    Wie dankbar warst Du, als Du zunächst durch Gisela in Rixbeck
    und dann zusätzlich durch Maria in Oelde derart herzlich aufgenommen wurdest.
    Wie sehr strahlten Deine Augen, als sich Leute für einen Besuch angemeldet oder
    unerwartet angerufen haben.
    Wie oft hast Du mitgelacht, als Du merktest, dass Du von Deiner Familie
    durch spontane Wortwitze auf den Arm genommen wurdest.

    Wie traurig warst Du, als Du wieder mit Dir allein im Hause bliebst.
    Die Erinnerungen an vergangene Hoffnungen wurden schwer.
    Der erwartungsvolle Blick aufs Telefon wurde oft enttäuscht.
    Hilflos ausgesetzt und verletzt durch unberechtigte Anschuldigungen.

    Nachdem Gisela nach guten und langen Jahren voller Harmonie viel zu früh,
    doch in Würde und mit Deiner Begleitung starb, hieß Deine Insel „Maria“.
    Wir sind beiden, in den letzten Jahren aber Maria, unermeßlich dankbar
    für ihre Liebe und ihre Hilfe in allen Bereichen.
    Du hattest ein Stück Heimat und Ruhe wieder gefunden.
    Ihr habt Euch einen Sinn gegeben und hattet eine Aufgabe miteinander.
    Zugegeben, manchmal konnte man sich beim Beobachten euerer Zweisamkeit bei
    der liebevollen Gartenpflege, in der Küche, beim gegenseitigen „Betüddeln“
    ein wohlwollendes Schmunzeln nicht verkneifen. Das hatte etwas von „Loriot“,
    und wir vermissen es jetzt schon. Maria hat Dir und uns allen sehr gut getan,
    ist und bleibt natürlich auch die Oma von Lynn und Mila.

    Alle, die Dich wirklich kennen gelernt haben,
    wußten, dass Du ein lieber und gütiger Mensch warst.
    „Zu gut für diese Welt“, sagt man so.
    Du hattest Verständnis für die Probleme anderer,
    hast immer geholfen Lösungen zu finden.
    In der Firma hattest Du einen guten Draht zu den Mitarbeitern,
    „soziale Kompetenz“ nennt man das heute. Du hast Dich für
    sie im Betrieb, wie auch privat eingesetzt. Wie oft standen bei uns
    – teils unangemeldet – Kollegen vor der Tür und baten um Deinen Rat.
    Sie wußten, Du warst zuverlässig und hattest oft einen hilfreichen Tipp.
    Kein Wunder, dass sie Dir den Spitznamen „Heiliger Vater“ verpasst hatten.

    Du bist viel gereist, kreuz und quer durch Deutschland und drumherum, sogar mit
    dem Fahrrad die Donau entlang von Passau nach Wien, das antike Griechenland,
    Israel und die Pyramiden wolltest Du sehen – den Wunsch hast Du Dir erfüllt.
    Für Deine letzte Reise brauchst Du kein Visum.
    Inzwischen bist Du angekommen und schaust Dir nun die Welt von oben an,
    so wie Du es auch schon hier gemacht hast. Wie oft hast Du schon an Lösungen
    gearbeitet, als die Leute noch nicht einmal das Problem erkannt hatten.

    Mehrmals in der Woche war Deine Stimme auf meinem Anrufbeantworter.
    Du meldetest Dich immer mit „Hallo, hier ist Papa“.
    Deine Nummer steht nie mehr auf dem Display meines Telefons.
    Ich hoffe, Deine Stimme bleibt in der Erinnerung.

    Unser aller Zeit ist nur geliehen. Du hast es gewußt. Du hattest Druck schnell noch
    einiges zu erledigen, aufzuräumen und auszumisten. Deine frischen Notizzettel dazu
    liegen heute noch auf dem Wohnzimmertisch.

    Es gibt Momente, da meint man, die Erde steht für einen Moment still
    und man spürt, dass Trauer der Preis ist, den wir dafür zahlen, Liebe zu empfinden.
    Papa, wir lassen Dich nun gehen
    und können Dich künftig ohne Telefon oder Briefmarke erreichen.
    Keine Ahnung wann, doch man sieht sich.

    Ja, Du hast Recht, Du würdest jetzt sagen „Nu komm zum Punkt!“.
    Lynn und Mila wissen, dass es nun im Himmel etwas heller ist.
    Sie haben auf den Punkt gebracht, wofür ich jetzt eine Weile gebraucht habe.

    „Opa ist jetzt ein Stern!“